Wie sich ein saarländischer Familienbetrieb über Jahrzehnte erfolgreich behauptet

Viele Metzgereien im Saarland suchen Nachwuchskräfte. Und zahlen längst mehr als 8,50 Euro. Wie stark sich die Anforderungen im Laufe der Jahrzehnte verändert haben, zeigt ein Besuch in der Traditions-Metzgerei Blug in Gresaubach.

Eleonore Blug erinnert sich. In der Metzgerei steht das erste Telefon überhaupt im Ort. Oft wird sie nachts geweckt, um einen Arzt oder eine Hebamme zu rufen. Manch einer dieser neuen Erdenbürger kauft heute noch in der Metzgerei Blug ein. Und trifft dort auch die inzwischen rüstige 78-Jährige, die einmal in der Woche für die Mitarbeiter „Hühnersuppe kocht, damit alle gesund bleiben“.

SZ 10 2013 1Heute steht Klaus Blug (53) in dritter Generation an der Spitze des Betriebes, in dem sieben Verkäuferinnen, zwei Metzgermeister, zwei Gesellen und drei Auszubildende beschäftigt sind. In den fünfziger Jahren reichen noch zehn Sorten Wurst zum Verkauf. Kühlschränke gibt es kaum. Teures Fleisch wird selten nachgefragt. „Ein Stück Filet hat meistens der Pastor bekommen“, lacht Elisabeth Blug (48), die ebenfalls im Familienbetrieb arbeitet. Heute gehören 80 bis 90 eigenproduzierte Produkte fest zum Sortiment. Die Erwartungen der Menschen an Vielfalt sind gestiegen.

SZ 10 2013 2„Ich habe schon als junger Bub mit dem Papa zusammengearbeitet. Mir gefällt, dass ich mein Produkt, das ich herstelle, direkt sehen kann.“ Für Klaus Blug ist Metzger nach wie vor ein  Traumberuf. Dominic Gerhard (20) aus Schmelz-Hüttersdorf, der Fleischer werden will, schätzt die Kreativität. Und Marvin-Louis Klein (19) aus Gresaubach hat sich „das Ganze blutiger vorgestellt. Ich bin positiv überrascht.“

Den Landesinnungsmeister Bernd Scherer überraschen solche Eindrücke nicht. Er bekommt häufiger Vorurteile von jungen Menschen zu hören, hält aber die Entwicklungschancen in diesem Beruf für vielseitiger denn je. Heute sei der Metzger auch Berater, gebe Zubereitungstipps, entwickele neue Produkte und betreibe meist auch Catering. Vom Metzger bis zu den Facharbeitern würden elf bis zwölf Euro Mindestlohn gezahlt. In der Ausbildung bekomme man je nach Lehrjahr 430 Euro brutto, 480 und schließlich 590 Euro.

Scherer bleibt Realist. Bis 2023 müsse man mit der Schließung von 50 der noch rund 100 Metzgereien an der Saar rechnen. Die Verbleibenden hätten dann aber ein größeres Einzugsgebiet. Elisabeth Blug bringt ein zentrales Problem auf den Punkt: dass nämlich immer mehr Menschen beim Discounter oder Supermarkt gleich alles kaufen. Gründe für Schließungen sind aber auch die abnehmende Bevölkerung und fehlende Nachfolger. Und die finanzielle Belastung: Ein neuer Laden erfordere 300 000 Euro und mehr, die Übernahme eines Geschäftes mit gebrauchten Maschinen schon 100 000 Euro. Trotzdem: Die Treue zum heimischen Metzger sichere ein Stück Versorgungssicherheit, gerade für ältere Menschen, sagt Blug.

Jasmin Jager (19), Metzgerei-Fachverkäuferin im zweiten Lehrjahr, verweist bei der Frage, was ihr besonders gefällt, auf eine der erfolgreichsten Marketing-Methoden aller Zeiten: „Wenn sich kleine Kinder über ein Stück Wurst freuen.“

von SZ-Redakteur Thomas Sponticcia

Quelle: Saarbrücker Zeitung, 30.10.2013

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